Hauptsache selbstgemacht
Eintrag von am 23.05.2011
Die "Glasbox": Verkaufs- und Ausstellungsraum auf Zeit öffnet an der Contrescarpe
Von Bastienne Ehl Bahnhofsvorstadt. Hübsch und praktisch, aber vor allem selbstgemacht sind die Sachen, die die Künstlerin Kathrin Vorsmann seit kurzem in der "Glasbox" an der Contrescarpe 73 verkauft. Der Glasbau aus dem Jahr 1965 stand zwei Jahre lang leer. Zusammen mit der ZwischenZeitZentrale (ZZZ), die die Zwischennutzung von leerstehenden Immobilien organisiert, entstand die Idee für den temporären Verkaufs- und Ausstellungsraum.
Die selbstgenähten Kuschel-Eulen mit den quadratischen Augen sind der absolute Verkaufsschlager von Kathrin Vorsmann. Hübsch aufgereiht hocken sie im Schaufenster und betrachten die Geschehnisse auf der Baustelle vor dem SiemensHochhaus. In den Regalen des kleinen Ladengeschäfts stehen außerdem Körnerkissen, Umhängetaschen, Vinyl-Platten, Kulturbeutel, Portemonnaies, Fotografien und noch viel mehr - alles bunt, alles selbstgemacht, alles Unikate.
Kleider für Barbies genäht
Doch nicht alles ist von Kathrin Vorsmann. "Die Idee ist, eine Plattform für alle kreativen Menschen zu schaffen, die hier ihre Sachen präsentieren und verkaufen können." Rund zehn kreative Menschen machen bereits mit und stellen ihre Sachen in der "Glasbox" aus. Darunter sind beispielsweise die Collagen der Künstlerin Gertrud Schleising, die Fotografien von Tanya Bora, das "Sova-Magazin" von Martin Petersen, die Kleidung von Isa Griese oder auch die Taschen von Meike Schnier. "Aber ich suche noch mehr Leute, die hier mitmachen wollen. Die einzige Bedingung für die Sachen: Hauptsache selbstgemacht", sagt die 26-Jährige aus Findorff.
Vorsmann näht, seit sie denken kann. "Als Kind hatte ich eine kleine elektrische Kindernähmaschine, auf der ich Kleider für meine Barbies genäht habe." Während ihres Studiums der Kunstwissenschaften und der Germanistik in Bremen hat Vorsmann begonnen, ihre Sachen im Internet zu verkaufen. "Das ist zwar ziemlich gut angelaufen aber ich habe gemerkt, dass ich meine Sachen lieber direkt verkaufen würde." Nachdem sie ihr Studium im vergangenen Jahr abgeschlossen hatte, wuchs ihr Wunsch, einen eigenen Laden aufzumachen. "Aber das mit der ganzen Finanzierung fand ich doch sehr schwierig und auch zu riskant." Also ist Vorsmann zu den Machern der ZwischenZeitZentrale gegangen und hat ihnen von ihrer Idee erzählt. "Und dann ging plötzlich alles ganz schnell. Die haben mir den Laden hier angeboten, und ich dachte nur, 'ok', das mach ich'." In der "Glasbox" bleiben darf sie vorerst nur bis Dezember, danach besteht die Möglichkeit für eine sechsmonatige Verlängerung. In dieser Zeit zahlt die 26-Jährige für das 50 Quadratmeter große Ladengeschäft, in dem auch ein Arbeitsplatz mit Nähmaschine eingerichtet ist, eine Nebenkostenpauschale. "Für mich wird das eine Zeit des Ausprobierens. Ich möchte schauen, wie die Selbstständigkeit so ist und ob ich meine Miete davon bezahlen kann." Die ZwischenZeitZentrale Bremen, die es seit März 2010 gibt, hat die Zwischennutzung des Glasbaus organisiert. ZZZ ist ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik.Träger sind der Senator für Wirtschaft und Häfen in Kooperation mit dem Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und der Senatorin für Finanzen, sowie der Immobilien Bremen und der Wirtschaftsförderung Bremen. Die einfache Idee: Leerstehende Immobilien werden zeitlich befristet gegen günstige Miete zwischengenutzt. Die ZZZ spürt geeignete Objekte auf, berät Eigentümer, entwickelt mit Nutzern Konzepte und begleitet Zwischennutzungsprojekte.
"Anfang des Jahres haben wir angefangen, in der Bahnhofsvorstadt nach Leerständen zu schauen, die der Stadt gehören", sagt der Architekt Daniel Schnier von ZZZ. Durch Zufall sei ihnen der Glasbau an der Contrescarpe angeboten worden, in dem vor dem Leerstand ein deutsch-türkischer Kulturverein und danach ein Baguetteladen untergebracht waren.
Um das Projekt "Bahnhofsvorstadt" weiter auszubauen, bietet ZZZ in der Glasbox eine Sprechstunde an. "Wir wollen private Eigentümer und alle anderen darüber informieren was Zwischennutzung bedeutet und welche Vorteile sie hat", sagt Schnier, der in Huckelriede wohnt. Geplant sind außerdem Veranstaltungen zum Thema Ladenleerstand in der Bahnhofsvorstadt.
"Glasbox", Contrescarpe 73. Öffnungszeiten: dienstags bis sonnabends, 12 bis 19 Uhr, E-Mail: glasbox@gmx.de. Sprechstunde ZZZ: mittwochs, 10 bis 13 Uhr, kontakt@zzz-bremen.de, Infos unter www.zzz-bremen.de.
© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Mitte Seite: 3 Datum: 23.05.2011
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